Cobi hat im Juli 2018 eine polnische Legende für die Youngtimer Collection-Serie auf den Markt geworfen, die in ihrer Kombination wahrhaft eine Ikone wurde und auch so aus Italien hätte kommen kommen. Italienisches Design von Giorgio Giugiaro und Produktion in Polen – ein Mehr an Italien konnte man 1978 in Polen wirklich nicht mehr bekommen. Wird Cobi mit ABS und Polycarbonat der Legende von FSO gerecht werden?
Die Geschichte des FSO Polonez ist mindestens so spannend wie auch der Wandel des Designs über die 24 Jahre Bauzeit beim Polonez (1978 – 2002). Der Schmähname „Polenpassat“ fällt durchaus bei dem einen oder anderen Benzingespräch auf Treffen von Altautos. Nicht selten hört man auch Leute sagen, dass die frühen Polonez wie von Lancia wirken und das ist auch gar nicht so abwegig. Bleibt sitzen oder setzt euch hin, es gibt eine Geschichtsstunde.
Geschichte des FSO Polonez ‘78
Kein geringerer Designer als Giorgio Giugiaro hat hier dem Fahrzeug aus Polen ganz klar ein italienisches Aussehen verpasst, als ob es auch ein Lancia oder Fiat hätte sein können. Hier hat sich jedoch Giugiaro von der Sicherheitsstudie vom Fiat-Konzern leiten lassen, der Fiat E.S.V. 2000 von 1973.
Der Name Polonez wiederum leitet sich vom Tanz Polonaise ab und wurde damals durch eine Leseabstimmung der Zeitung Życie Warszawy (Das Leben Warschaus) festgelegt. Die technische Grundlage des Fahrzeugs war der Polski Fiat 125p (Führt Cobi auch in der Youngtimer Collection mit diversen Sets), welcher damals unter Lizenz von Fiat bei FSO gebaut wurde. Übernommen wurden vom 125p die Motorisierung mit 1,5l, der Großteil der mechanischen Komponenten sowie auch das Fahrwerk – Hinterradantrieb hat der Polenpassat! Aber mit 1,5l Hubraum zieht man höchstens bei regennasser Fahrbahn oder auf Schnee seine Donuts oder veranstaltet eine Reifenabriebgala für Arme.
Fun fact: Selbst Cobi hat die (bau)technische Ähnlichkeit knallhart so beibehalten. Ohne viel zu spoilern, aber wenn ihr schon einen 125p von Cobi gebaut habt, erwartet hier kein Feuerwerk von Neuerungen oder baulichen Innovationen.
1980 hätte der Polonez eine zwei Liter Maschine bekommen sollen, allerdings machten die damaligen Wirren in Polen (Auguststreik 1980) einen Strich durch die Rechnung, da man in Polen kein Geld mehr hatte für eine weitere Lizenz von Fiat. Das ist auch der Grund, warum der 125p noch parallel weiterproduziert wurde, hätte doch der Polonez den 125p komplett ablösen sollen. Daher wurden die meisten technischen Neuerungen erst durchgeführt, wenn sie bei beiden Fahrzeugen einsetzbar war – hier sprach der Rotstift. 1991 war damit Schluß, da wurde der 125p eingestellt.
Auch im Innenraum merkt man vor allem bei den führen Modellen von 1978 den Hauch Italiens, allein das Kombiinstrument mit den Anzeigen lassen absolut vergessen, dass man in einem polnischen Fahrzeug sitzt. Genug von uns haben starke Vorurteile von Ostblockautos: Vergesst die hier. Warum?
1978 war der Polonez das einzige Fahrzeug aus Osteuropa, welches die US-Crashtests alle bestanden hatte, dank dem Erbe der Fiat E.S.V. 2000-Studio von 1973. Wiederum auf Grund der Grundlage der vorhin genannten Sicherheitsstudie von Fiat hatte der Polonez mit Abstand eine hohe passive Sicherheit gegenüber Fußgängern und Fahrradfahrern, die erst knapp mit Mitte und Ende der 80er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts richtig zu einem Thema wurde.
Der Polonez wurde über die Jahre sehr stark verändert, behielt aber immer noch die gleiche Grundkarosse. In diesem Review aber gehe ich nur auf die Variante von 1978 ein und möchte euch noch zum Abschluß der Geschichte vom Polonez ’78 ein Video mitgeben, was so richtig Vollgas den Charme der späten 70er wiedergibt:
Technische Details aus einem Autoquartett erspare ich euch, die könnt ihr entweder aus anderen Quellen entnehmen oder von der Packung ablesen. Genug Geschichte jetzt, Zeit für Unboxing!
Unboxing
Gekauft habe ich diesmal das Set bei dieklemme.at, aber jeder andere gute Händler mit Cobi im Sortiment führt auch das Fahrzeug. Einen üblichen Karton der Youngtimer Collection durfte ich begrüßen mit den Abmessungen 17 × 4,5 × 14 cm.
Das Orange ist schon so richtig 70er Jahre, das Gebäude im Hintergrund ist der Kulturpalast in Warschau und das höchste Gebäude in der Hauptstadt Polens mit 237 Meter. Ansonsten ist auch prominent unten rechts der Maßstab mit 1:35 angegeben, welcher auch richtig getroffen wurde (4,369 m misst der echte Polonez, das Set hat 12,5 cm in der Länge). Ach ja, glow in the dark wird auch noch mitgeteilt.
Die glow in the dark-Bilder sind vom Polonez, ich habe es mit dem vom FSO 125p 1.5 ME verglichen und jedes hat unterschiedliche Bilder davon. Allerdings sind die glow in the dark-Bilder stark bearbeitet worden, dazu aber später mehr. Inwieweit die Bilder auf den Kartons bearbeitet wurden, kann ich euch nicht sagen, aber sie wurden bearbeitet.
Der QR-Code auf der Oberseite des Kartons für euch hier zur Cobi-Seite vom Set 24532. Für euch getestet.
Egal wie oft ich schon Cobi gemacht habe, ich mache immer die falsche Seite zuerst auf für den Produktionscode, hier der 16.04.2019 um 13:19, vermutlich ist mit ZM1 das Werk gemeint in Mielec. Bei älteren Sets von Cobi (2012 oder 2013) ist da noch ein richtiger Stempel drin.
Erstankündigung war im Katalog 1/2018 von Cobi mit Veröffentlichungstermin Mai 2018, jedoch dann im Katalog 2/2018 hat Cobi die Veröffentlichung auf Juli 2018 verschoben, bei dem es auch so geblieben war. Gut, zwei Monate nach hinten verschoben ist noch soweit ok.
Obwohl nur 79 Teile bietet Cobi hier drei Plastiktütchen an neben der Anleitung, welche zum Glück nicht geknickt war. Cobi hat den Ruf, die petrochemische Industrie Polens zu fördern durch umfangreiche Plastiktüten.
Ganz wichtig: Keine Sticker, alles Drucke. Mir kam kein Stickerbogen entgegengeflogen.
Eben, da wir nur 79 Teile haben, gibt’s auch nicht mehr zum Auspacken, daher gehe ich gleich mal auf die Bauanleitung über und inspiziere diese für euch näher.
Anleitung
Ihr kennt Cobi und die Anleitungen, so gesehen gibt es auch hier null Überraschungen. Ich denke, ich lasse erstmal die Bilder für sich sprechen und gehe dann auf die Details ein.
Wir haben 79 Teile, hier braucht es weder Bauabschnitte noch sonst ein großes Brimborium. Ansonsten ist bei Überforderung demjenigen geraten, entweder mehr zu üben oder das Hobby zu wechseln. Klemmbausteinsets von Cobi sind Modellbau mit Gelinggarantie hat mal ein Thorsten K. aus Paderborn mal im Internet gesagt auf einem Bewegtbild mit Ton.
Eben, 18 Bauschritte bei 79 Teilen sind so etwas über vier Teile pro Bauschritt, da steuert Cobi durchaus auf Lego-Niveau zu. Auch wird mit roten Pfeilen erklärt, das Baustück zu drehen oder zu wenden (statt blauen Pfeilen wie bei anderen Herstellern/Marken). Außerdem, Cobi vertritt ja die Philosophie der Ausgrauung der Teile der vorhergehenden Bauschritten, um den aktuellen Bauschritt in den korrekten Farben darzustellen. Aber das macht Cobi schon seit ewig und drei Tagen so.
14 Seiten habe ich gezählt, denn Cobi hat hier (wie bei vielen anderen Anleitungen auch) keine Seitennummern unten auf den Seiten draufgedruckt. Jedoch effektiv zum Bau sind elf Seiten zu zählen, da wie oben von Seite 12 bis 14 samt Rückseite der Bauanleitung die anderen Fahrzeuge aus der Youngtimer Collection gezeigt werden.
Zusammenfassung der Bauanleitung:
- 14 Seiten (effektiv 11 Seiten, die anderen Seiten sind Kaufempfehlungen)
- 16,5 × 12 cm und aufgeklappt 33 × 12 cm
- 18 Bauschritte
- Keine Bauabschnitte
- Klammergebunden
- Farbdruck
- Zu verbauende Teile werden farbig dargestellt, vorhergehende Bauschritte ausgegraut
Das Set nutzt sieben Farben:
- Orange (Farbton von Cobi, Kazi kommt dem recht nah hin)
- Schwarz
- Braun (Farbton von Cobi)
- Transrot (bedruckt)
- Milchiges Transweis mit Lumineszenz (Glow in the dark)
- Dunkelgrau (Farbton von Cobi)
- Transclear (Bedruckt)
Ansonsten, zur Anleitung ist genug an Worten gesagt, Minifiguren gibt’s ja keine bei der Youngtimer Collection und auf die Steinequalität gehe ich später noch im Fazit im Bau gesondert ein.
Genug gesprochen, ab zum Bau – wenns interessant wird, hol ich euch dazu 😉
Besonderheiten im Bau
Ok, in Bauschritt sieben wird’s definitiv einmal bunter mit der bedruckten Transrotfliese in 1 × 6. Der Druck ist gut, vor allem für detaillierte Rückleuchten interessant. Ums Eck hätte der Druck schon gehen dürfen, aber immerhin hat die 1 × 6 Fliesen keinen Groove (nicht musikalisch, sondern die Rille unten ist gemeint, um eine Fliese besser entfernen zu können, bekommst ja sonst kaum noch ab). Auch diese Slope in 1x6x2/3+ habe ich vorher nur beim Nachfolger Modell Polonez ATU 1.6 Plus gesehen – Scheint ein spezielles Autoteil von Cobi zu sein. Auch eine Bemerkung wert, weil sie nicht genau zwei Plates hoch ist, sondern zwei Plates und zwei Millimeter.
Die Funktion der glow in the dark-Teile ist in der Szene höchst umstritten. Der eine schwört drauf, andere winken ab, wiederum anderen ist es egal. Ich finde es schade, dass abgewunken wird, denn sie kann was, auch wenn es keiner wirklich braucht.
Bauschritt 11 von 18, die Hälfte haben wir geschafft, der Polonez ’78 nimmt konkrete Formen an. Vor allem wird hier eine teilbedruckte Plate in 4 × 6 genutzt, um das Heck optisch abzurunden.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die älteren Sitze von Cobi kompatibel sind zu Minifiguren nach dänischer Bauart. Für MOC’er nicht ganz uninteressant, eröffnen sie doch gänzlich neue Designmöglichkeiten. Obacht – der Sitz braucht mehr wie drei Noppen in der Länge, währen der Sitz nach dänischer Bauart mit etwas über zwei Noppen Länge auskommt.
Im letzten Drittel ist bestens ersichtlich, dass die 125p sowie die Polonez absolut bautechnisch ähneln und auch untereinander kompatibel sind. Man bekommt zwei Cobi-Minifiguren nebeneinander… nicht so gut unter. Auch diese sind zu breit, bzw. das Fahrzeug mit 6w zu schmal. Spätestens beim Dach ist der Spaß vorbei.
Der Druck ist soweit in Ordnung auf den Scheiben, auch keine großartigen Kratzer drauf und soweit gut zufriedenstellend… wären da nicht diese Gussnasen! Die kann man sich beim besten Willen nicht mehr schönreden. Na immerhin ist genug anderes da, was ablenkt.
Viel hat Cobi nicht übriggelassen, eine 1 × 6 Fliese in bright orange (Cobi) und ein glow in the dark-Funzelteilchen. Wahrhaft der letzte Rest des Schützenfests.
Fazit
Ihr könnt euch jetzt vorstellen, zu 79 Teilen so viel zu schreiben gibt’s nicht. Aber, ein paar Highlights gibt es dennoch.
Die Bautechniken sind beim ersten Mal ein Aha-Erlebnis, aber wenn man dann ein paar der 125p sowie deren Ableger gebaut hat (Namentlich: FSO 125p, Fiat 124, Polonez in sämtlichen Varianten und 2021 dann Lada/Awtowaz 2101), kann man sie blind bauen. Ist auch im Prinzip nicht verkehrt, so kann man mit wenig Aufwand viele verschiedene Sets herausbringen als Hersteller. Ich hoffe noch auf andere Ableger des Fiat 124 wie dem Seat 124 (Spanien), dem Tofaş Murat 124 (Türkei) sowie dem Premier 124 (Indien).
Wer mehrere 125p und Polonez auf einen Schlag gekauft hat, kann sich auch schnell selbst davon überzeugen, denn nicht nur die Polonez der verschiedenen Jahre sind kompatibel untereinander und unterscheiden sich in Farbe und Sonderbauteilen, auch die 125p fallen darunter.
Cobi hat hier erbarmungslos die ursprüngliche Philosophie des Polonez auch in Klemmbausteinen fortgeführt, was auch auf dem Bautisch sich ganz klar bemerkbar macht – Die Kompatibilität des Polonez mit dem 125p in nahezu jeglicher Hinsicht.
Zurück zu den glow in the dark-Scheinwerfer, viele lehnen sie kategorisch ab, auch ich sehen keinen richtigen Nutzen darin, aber ihre Funktion? Wie steht es um die „Leuchtkraft“?
Ich bitte für das Bilderrauschen um Verzeihung, aber ich habe in kompletter Dunkelheit die Fotos in der Fotobox aufgenommen. Lediglich das rote Leuchten der Kamera hat geholfen, so kann ich euch die glow in the dark-Scheinwerfer annährend rüberbringen, denn so funzeln auch die Teile in der Dunkelheit.
Die Klemmkraft war natürlich wieder cobitastisch, Farbabweichungen waren keine zu finden und die Spaltmaße halten sich auch gut zurück. Lediglich hier und da sieht man Gussnasen, ganz prominent in der C-Säule, was leider auch überdruckt wurde aber dennoch weiterhin gut zu sehen ist. Der Verkratzungsgrad der Transclear-Teile ist auch auf einem niedrigen Niveau, obwohl die Teile nicht separat abgepackt wurden.
Nachteilig ist der Preis, denn eine offizielle Lizenz, die das Set vom Markeninhaber von FSO nun mal hat, muss auch bezahlt werden. Mit rund 0,14 Euro pro Stein bewegt sich das Set hier eindeutig auf Legoniveau, allerdings haben andere Autos aus der Youngtimer Collection auch etwas mehr Steine als der Polonez.
Kaufempfehlung? Auf jeden Fall ein Ja, denn für das Geld kann man seine Modular-Streetview gut aufwerten oder hat einen anderen klassischen PKW aus Polen/DDR in seiner Vitrine stehen. Und ja, die Youngtimer Collection kann süchtig machen.
Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und wünsche euch gutes Gelingen für all eure Bauvorhaben, genießt eure Zeit und bleibt gesund! Haut rein und baut fein!
Bildergalerie
Hardfacts zu Cobi 24532 – FSO Polonez 1500
Altersempfehlung | 5 Jahre und älter |
Preis (Stand Dezember 2020) | Zwischen 9,- und 13,- Euro |
Aufkleber | Nein (alles Prints) |
Teilenanzahl | 79 |
Teilepreis | Zwischen 0,11 und 0,16 Euro |
Setgröße (L×B×H) | 12,5 × 5,5 × 4,5 cm |
Bauzeit | 10 bis 20 Minuten |
Schwierigkeitsgrad | Einfach |
Kennzeichnungsart der zu verbauenden Steine im jeweiligen Bauschritt | Färbung der Teile vorhergehender Bauschritte in Grau sowie farbliche Hervorhebung der Teile des aktuellen Bauschritts |
Anleitungsart | Klammergebundene farbgedruckte Anleitung in 16,5 × 12 cm |
Seitenanzahl der Bauanleitung | 14 Seiten (effektiv 11 Seiten) |
Bauabschnitte | Nein |
Bauschritte | 18 |
Ø der Teile pro Bauschritt | 4 bis 5 |
Teileinventar in der Bauanleitung | Nein |
Minifiguren | Nein |
Anleitung als PDF beziehbar? | Ja (Cobi.eu) |